Was bedeutet es eigentlich Balance im Leben zu finden? Das sogenannte Mittelmaß zwischen der Arbeit und der Zeit für das eigene Privatleben? Wann ist Feierabend? Wie viel darf ich mit nach Hause nehmen ohne, dass es mich belastet? Damit meine ich sowohl gedanklich, als auch die zu erledigenden Aufgaben. Wie klar sind die Grenzen? Wie viel Zeit nehme ich mir für die Familie, meine privaten Interessen, meine Partnerschaft, Zeit zum Entspannen? Bedeutet Zeit mit der Familie auch automatisch Zeit für mich? Ist diese Zeit tatsächlich Zeit in der ich Kraft tanke? Oder was brauche ich eigentlich um so richtig zu entspannen?
Gerade in der Corona-Zeit bekommen diese Fragen für viele Menschen eine neue Bedeutung. Der bisherige Alltag muss neu überdacht werden. Wie gestalten wir unsere Zeit? Wie kriegen wir alles unter einen Hut, vor allem durch den Wegfall vieler bisheriger “Entspanner”? Wie wir alle mit diesen neuen Herausforderungen umgehen, ist so individuell wie alles im Leben. Um sich aktiv mit diesen Fragen auseinandersetzen zu setzen, macht es Sinn sich selbst unter die Lupe zu nehmen. Nur durch die Bewusstwerdung kann eine Veränderung eintreten.
An erster Stelle muss also geklärt werden, welche Lebensbereiche es in deinem Leben gibt. Dies könnten sowohl der Beruf, als auch die Partnerschaft und Familie, der Haushalt, die Freizeit, Freunde, Finanzen, Gesundheit und/oder Sport sein. Die Liste ist sicherlich nicht komplett, doch eine erste Idee zum Identifizieren der eigenen wichtigen Lebensbereiche. Viele dieser werden sich teilweise überschneiden und die Grenzen unter ihnen sind vor allem zur Zeit nah beieinander, vielleicht sogar verschwommen. Dieselben Bereiche können außerdem sowohl Stressoren, als auch “Entspanner” darstellen.
Ein Beispiel: Zur Zeit arbeiten viele meiner Klienten im Homeoffice. Plötzlich fällt also häufig der wichtige Austausch unter den Kollegen weg, die Arbeit im realen Team Vorort. Viele Menschen brauchen die zwischenmenschlichen Interaktionen mit ihren Kollegen, einen Ausgleich zum privaten Alltag. Eine Atmosphäre, die sich über Zoom nur bedingt herstellen lässt. Dies könnte ein Stressor sein. Auf der anderen Seite erlebe ich täglichen auch Menschen, die vom Homeoffice, der individellen Zeiteinteilung und neuer Freiheiten profitieren. Über die Nutzung digitaler Medien werden räumliche Distanzen aufgehoben, weniger Fahrtwege, Möglichkeiten neuer Begegnungen, die Zusammenarbeit wirkt teilweise sogar effektiver. Für eine bestimmte Gruppe von Menschen sogar ein echter Zugewinn und sie können einen Nutzen für sich aus dieser neuen Erfahrung ziehen.
Ein anderes sehr anschauliches Beispiel ist der Umgang in der Familie mit den neuen Herausforderungen. Viele haben ihre Kinder Zuhause in der Notbetreuung. Was bedeutet das für die Partnerschaft und die Familie? Was bislang durch Kita und Schule abgedeckt wurde, ist nun zusätzliche Aufgabe der Eltern. Natürlich ist das auf der einen Seite belastend. Auf der anderen Seite kann eine neue Nähe und eine neue Begegnung auf verschiedenen Ebenen zwischen einzelnen Familienmitgliedern entstehen. Zeit, Interessen und Aufgaben die zuvor nicht miteinander ausgehandelt werden mussten, sind nun zentrales Thema im eigenen Zuhause. Wie können wir Themen wie Zeitmanagement, Spüren eigener Bedürfnisse, Aushandeln unterschiedlicher Interessen, Grenzen setzen, Nein sagen in der neuen Situation beleuchten? Herrlich! Könnte es ein besseres Übungsfeld geben, als das eigene System, um diese wichtigen sozialen Kompetenzen anzuwenden?
Die eigenen Vorstellungen und Wünsche spielen dabei natürlich eine enorme Rolle. Wie schaffe ich es den Wunsch hinter dem Vorwurf (an mich oder andere) zu erkennen und ggf. zu kommunizieren, im Idealfall zu modifizieren? Welche Werkzeuge der Kommunikation können mir helfen meine Affekte dosiert auszuleben und nutzbar zu machen? Jedes Gefühl hat seine Berechtigung. Wie komme ich nach der Bewusstwerdung in die Veränderung?
In einer psychodynamischen Beratung, Einzel- oder Paartherapie sind alle möglichen Varianten rund um das Thema Balance denkbar und der inhaltlichen gemeinsamen Arbeit keine Grenzen gesetzt.
Fragen an dich
01 : Kennst du deine Stressoren und “Entspanner”?
02 : Wie gut ist dein Zugang zu deinen eigenen Affekten und Bedürfnissen?
03 : Wie kommunizierst du deine Wünsche und Vorstellungen?
04 : Wie erreichst du für dich Balance im Leben besonders in schwierigen Zeiten?